2020 war die Berlinale noch das einzige große Filmfestival, das von der Corona-Pandemie nicht betroffen war und samt langer Warteschlangen, voller Kinosäle und ausgiebiger Partys stattfinden konnte. 2021 sieht das ganz anders aus: Der Februartermin ist gestrichen.
Stattdessen wird das Festival erstmalig in zwei Stufen stattfinden. Für die Filmindustrie wird ein Onlineangebot im März aufgezogen. Im Juni soll dann ein Publikums-Event folgen. Das kündigte das Leitungsduo Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian nun nach wochenlangen Spekulationen über die Durchführbarkeit der Filmfestspiele unter Pandemiebedingungen an. Ursprünglich war die 71. Berlinale vom 11. bis 21. Februar 2021 angesetzt.
»Es gibt ein großes Bedürfnis nach physischen Begegnungsmöglichkeiten. Aber die aktuelle Situation lässt das im Februar nicht zu. Zugleich ist es wichtig, der Filmindustrie im ersten Quartal einen Markt zu bieten«, sagt Berlinale-Geschäftsführerin Rissenbeek. »Mit der Veränderung des Festivalformats 2021 haben wir die Möglichkeit, die Gesundheit aller Gäste zu schützen und den Neustart der Kinobranche zu unterstützen. Mit dem Sommer-Event wollen wir ein Fest für das Kino feiern und dem Berliner Publikum das langersehnte Gemeinschaftserlebnis von Kino und Kultur bieten.«
Schweigen und Spekulationen
Wie das genaue Prozedere für beide Teile des Festivals aussieht, ist noch nicht ganz klar. Laut Berlinale wird die aktuell laufende Filmauswahl für den Wettbewerb und die restlichen Sektionen fortgeführt. Im Februar soll die Auswahl dann ähnlich wie bereits in Cannes als Liste veröffentlicht und der Filmbranche beim virtuellen European Film Market (EFM) im März vorgestellt werden. Eine internationale Jury soll dann parallel sichten und Preise vergeben. Ob die Presse einen Zugang zu den Streams erhalten wird, ist jedoch noch nicht entschieden.
Im Sommer sollen die Preisträgerinnen und Preisträger und die Filmauswahl dann physisch in Berliner Kinos präsentiert werden, verbunden mit einer festlichen Eröffnung.
Die Entscheidung gegen den Februartermin kommt nicht überraschend, da Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) bereits Anfang Dezember gesagt hatte, er könne sich angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens keinen regulären Festivalbetrieb vorstellen. Zuvor hatte bereits der Branchendienst »Variety« über die geplante Zweiteilung berichtet. Mit einer Bestätigung ließ sich die Berlinale aber so viel Zeit, dass wiederum Spekulationen darüber entstanden, wie schwierig sich wohl die Verhandlungen mit den Filmverleihern gestalten, die mit einer Onlinepremiere unter Ausschluss von Presse und Öffentlichkeit womöglich hadern.
Eine rein digitale Ausgabe hatten Rissenbeek und Chatrian, die ihren Einstand mit der Jubiläums-Berlinale 2020 gaben, schon früh ausgeschlossen. Als Publikumsfestival, das sich maßgeblich aus den Kartenverkäufen finanziert, wäre das auch nie eine funktionale Option für die Berlinale gewesen.
Mit der Verschiebung fügt sich die Berlinale in ein seit Längerem in Bewegung befindliches Kinojahr 2021 ein. Schon im Sommer hatte die Academy entschieden, die Oscarverleihung vom Februar in den April zu verschieben. Auch aus Cannes war bereits zu vernehmen, dass das Festival von seinem angestammten Maitermin abrücken und stattdessen im Juli oder August stattfinden könnte. Das würde bedeuten, dass sich die drei größten A-Festivals der Welt – also Berlinale, Cannes und Venedig – auf wenige Sommermonate konzentrieren würden.
Überall Filmstau
An Filmen dürfte es den Wettbewerben der drei Festivals rein zahlenmäßig nicht mangeln. Durch die Festivals, die ohne digitalen Ersatz ausgefallen sind, haben sich über das Jahr hinweg bereits diverse prestigereiche Filmstarts wie etwa »The French Dispatch« von Wes Anderson angestaut. Auch die Liste der Filmemacher, die sich weitsichtig schon im Mai 2020 dafür entschieden, mit ihren neuen Werken auf Cannes 2021 zu setzen, ist beachtlich, darunter sind Paul Verhoeven, Apichatpong Weerasethakul und Leos Carax. Außerdem konnte in Asien angesichts des entspannteren Infektionsgeschehens im Gegensatz zu Europa und Nordamerika weitgehend ununterbrochen gedreht werden.
Ob sich die Berlinale mit ihren zeitversetzten Premieren und Preisen gegenüber Cannes und Venedig, die voraussichtlich als Präsenzfestivals werden stattfinden können, behaupten kann, ist jedoch fraglich. Und auch die Berliner Kinos könnten im Sommer, wenn wieder eine Art von Regelbetrieb möglich sein sollte, andere Pläne haben, als Berlinale-Filme zu zeigen. Neben Festivalfilmen stauen sich die Blockbuster nämlich genauso sehr.
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