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Bundesliga: Schalke hofft erneut vergebens - Süddeutsche Zeitung

Die Idee mit Christian Gross wurde aus der Not geboren. Nach monatelanger, fast schon bizarrer Erfolglosigkeit wurde ein Nachfolger für Huub Stevens gesucht. Einer, dem zuzutrauen war, gegen alle Wahrscheinlichkeit doch noch den Klassenerhalt zu sichern. Der Schweizer Fußballlehrer Gross gelangte unter anderem deshalb auf die Kandidatenliste, weil in seiner Vita eine erfolgreiche Rettungsmission beim Premier-League-Klub Tottenham Hotspur stand. Am Ende hat ihn Hertha BSC dann aber doch nicht verpflichtet. Die Berliner haben sich damals, im Jahr 2004, schließlich von Hans Meyer vor dem Abstieg retten lassen.

Knapp 17 Jahre später ist Christian Gross, 66, nun also doch noch als Nachfolger von Huub Stevens im Berliner Olympiastadion vorstellig geworden. Diesmal allerdings in ungleich komplizierterer Mission, im Notarzteinsatz für die Gäste von Schalke 04. Gross, der für diese Aufgabe seinen Ruhestand abbrach, war lange genug dabei, um zu ahnen, worauf er sich da eingelassen hat. Aber dass es gleich so deprimierend losgehen würde, mit einem 0:3 gegen Hertha BSC? "Unser Job beinhaltet eben auch Negatives", sagte Gross.

Gross ist bereits der vierte Trainer der Schalker in dieser Saison, nach seinen ersten 90 Minuten konnte er sich gleich mal in dem Woche für Woche vorgetragenen Zweckoptimismus seiner Vorgänger üben. "Wir sollten mit erhobenem Haupt aus dem Stadion gehen, aber nicht wegen der Leistung, sondern wegen des nächsten Spiels in Hoffenheim", sagte Gross.

In der Branche wird er der Kategorie der sogenannten harten Hunde zugerechnet. Darauf, dass Gross mit dieser Kernkompetenz die Mannschaft wachbellt, gründeten sich die Hoffnungen in Gelsenkirchen, ungeachtet der Tatsache, dass sein siegloser Vorgänger Huub Stevens auch nicht unbedingt als weicher Hund verschrien war. So oder so, nach dieser Premiere in Berlin dürfte sich das mit dem Hoffen ohnehin vorerst wieder erledigt haben.

Gross setzt auf Fährmann und Hoppe

Wie es sich für einen neuen Trainer gehört, setzte Gross den einen oder anderen überraschenden Akzent in seiner Startelf. Im Tor stand nicht Frederik Rönnow, sondern der erfahrene Ralf Fährmann. Im Sturm spielte dafür der umso unerfahrenere US-Amerikaner Matthew Hoppe, 19 Jahre alt. Und der machte seine Sache zu Beginn gar nicht mal schlecht. Hoppe war mit zwei frühen Strafraumaktionen dafür verantwortlich, dass Schalke etwas besser in dieses Duell der Enttäuschten startete. Auch der Einsatz von Fährmann schien sich zunächst zu bewähren. Einmal klärte er gegen den einsam auf ihn zustürmenden Dodi Lukebakio gar im Stile einer unangefochtenen Nummer Eins.

Ohnehin entwickelte sich bald ein durchaus munterer Reigen der verdaddelten Chancen auf beiden Seiten. Nach einer halben Stunde vergab Mark Uth die beste Gelegenheit der Schalker, indem er freistehend am linken Pfosten vorbei zielte. Im direkten Gegenzug hätten wiederum drei konternde Berliner gegen zwei verteidigende Schalker deutlich mehr machen können als den Ball zu verstolpern.

Die nicht anwesenden Fans quittierten die Szene mit nachsichtiger Stille. Hätten sie dabei sein dürfen, hätten sie jedenfalls gesehen, dass ihre Berliner allmählich das Kommando übernahmen in diesem Spiel. In der 36. Minute kam es, wie es irgendwann kommen musste. Nach einem Einwurf von links und reichlich Gewusel im Schalker Strafraum hüpfte der Ball vor die Füße Mattéo Guendouzi, und der vom FC Arsenal ausgeliehene Franzose schlenzte ihn um den schuldlosen Fährmann herum ins lange Eck. 1:0.

Hertha BSC - FC Schalke 04

Wer nach der Pause so etwas wie ein aufbäumendes Hundegebell der Schalker erwartet hatte, sah sich getäuscht. Die Berliner bauten nicht nur ihre Dominanz aus, sondern in der 53. Minuten auch gleich noch die Führung. Nach dem bis dahin hübschesten Spielzug über Matheus Cunha und Vladimir Darida schob der nach langer Pause genesene Kolumbianer Jhon Cordoba den Ball aus sechs Metern ins Netz.

Die Schalker schienen sich jetzt in ihre Niederlage zu fügen, gewohnheitsbedingt. "Wenn wir so spielen, sind wir einfach nicht wettbewerbsfähig", sagte Uth, dem war nicht zu widersprechen. Und der Stürmer forderte gleich auch noch Verstärkung. "Die Verantwortlichen müssen auf dem Transfermarkt noch tätig werden", sagte er. "Wir brauchen Spieler, die uns sofort weiter helfen können."

Christian Gross' Versuche, von der Trainerbank mit dem aktuellen Personal auf das Spiel einzuwirken, waren jedenfalls nicht erfolgreich. Er brachte unter anderem Steven Skrzybski, aber der musste nach zehn Minuten wieder verletzt vom Platz. Hertha-Coach Bruno Labbadia hatte mit der Einwechslung von Krzysztof Piatek mehr Glück. Der Pole war gerade aufs Feld getrottet, da ließ er sich auch schon mit einem sehenswerten Lupfer von dem an diesem Abend überhaupt sehr sehenswerten Darida bedienen und machte zehn Minuten vor dem Ende alles klar.

Nur Hoffenheim kann Tasmanias Rekord retten

Saisonübergreifend haben die Schalker nun 30 sieglose Spiele in Serie angesammelt. Und wer von solchen Zahlen spricht, der kann von Tasmania schwer schweigen. Der heutige Oberligist aus Berlin-Neukölln ist ja fürs Verlieren etwa so berühmt wie der FC Bayern fürs Gewinnen. Tasmania rutschte 1965 für die zwangsabgestiegene Hertha in die Bundesliga nach und trug sich dort mit 31 sieglosen Spielen hintereinander in die Annalen ein. Der Rekord gehört in Neukölln längst zum Nationalstolz und lange Zeit galt er auch als unsterblich. Bis eine Mannschaft aus Gelsenkirchen Anfang 2020 einfach aufhörte, zu gewinnen. Und es plötzlich Anfang 2021 war.

Jetzt kann am kommenden Wochenende nur noch die TSG Hoffenheim mit einer Niederlage gegen Schalke den Stolz von Tasmania retten.

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