Streit um Urheberrechte: Verliert Marvel die Kontrolle über seine stärksten Comic-Helden? - DER SPIEGEL
Der Comic-Gigant Marvel verklagt die Schöpfer von Superhelden wie Spider-Man, um volle Kontrolle über die umsatzstarken Figuren zu behalten. Teile der Copyrights könnten bald von den Urhebern zurückgefordert werden.
Für Marvel, einen der größten und erfolgreichsten US-Comicverlage, tickt die Uhr: 2023 könnten zahlreiche Mit-Urheber einiger der populärsten Superhelden-Charaktere ihr Copyright zurückfordern. Die Folge wäre, dass Marvel, in deren Comic-Heften die Figuren seit den Sechzigerjahren publiziert wurden, teilweise die Kontrolle über Ikonen wie Spider-Man, Iron Man oder Dr. Strange verlieren könnte. Angesichts der Milliardenumsätze, die Disney und Marvel in jüngster Zeit mit den Kino-Verfilmungen der »Avengers«-Reihe macht, geht es vorrangig auch darum, den künftigen Profit nicht teilen zu müssen.
Vorauseilend verklagte Marvel nun am Freitag den Comiczeichner Larry Lieber sowie die Nachlassverwaltungen der Zeichner Steve Ditko, Don Heck, Gene Colan und Don Rico und beantragte eine gerichtliche Verfügung, die besagt, dass die Künstler die Urheberrechte an den von ihnen mit erschaffenen Figuren, darunter Iron Man, Spider-Man, Black Widow und Thor, nicht kündigen können.
Dahinter steckt ein seit Jahrzehnten schwelender Streit um die sogenannte Marvel-Methode: In den Sechzigerjahren entstanden viele Comic-Charaktere und Storys in einer lockeren Atmosphäre im »Bullpen«, der New Yorker Redaktionsstube von Marvel, wo sich Ideengeber und Plot-Autoren wie Marvel-Chef Stan Lee und Zeichner wie Steve Ditko oder Jack Kirby oft in gemeinsamen Prozessen Figuren wie Spider-Man oder die Fantastischen Vier ausdachten – alles Teile der großen Marvel-Heldenfamilie. Doch die Zeit der Einigkeit ist lange vorbei, auch deshalb, weil Marvel in der Vergangenheit Zeichner und Autoren nicht angemessen entlohnt hatte oder für ihre Schöpfungen an Blockbuster-Umsätzen beteiligte.
Scarlett Johansson als Marvel-Heldin im Kinofilm »Black Widow«
Foto: Marvel Studios / AP
Die Werke der Künstler seien Auftragsarbeiten für Marvel gewesen, macht der Verlag nun geltend, Marvel besitze sie auf ewig, die Künstler könnten die Rechte an ihnen nach dem Urheberrechtsgesetz nicht zurückfordern, argumentiert Marvel laut Berichten in US-Medien in den Klagen. Die Nachlassverwaltungen von Steve Ditko (Spider-Man, Dr. Strange), Don Heck (Iron Man, Hawkeye), Gene Colan (Falcon, Blade, Captain Marvel) und Don Rico (Black Widow) reichten ihrerseits in diesem Sommer mehrere Klagen ein, in denen sie geltend machten, die Marvel und dessen Muttergesellschaft Disney gewährten Verwertungsrechte an den von ihnen verfassten Comics zu kündigen. Marvel wiederum fordert die beteiligten Gerichte in Manhattan, Brooklyn und Los Angeles nun auf, diese Kündigungen für ungültig zu erklären.
Ein Anwalt mit Erfahrung
Der Anwalt der Künstler, Marc Toberoff, sagte laut Nachrichtenagentur Reuters, die Klagen von Marvel basierten auf einer »anachronistischen und oft kritisierten Interpretation von Leiharbeit«, die auf einem veralteten Copyright-Gesetz von 1909 basiere und berichtigt werden müsse.
Toberoff ist kein Unbekannter in dem langwierigen Streit um Comic-Urheberrechte. Er vertrat einst die Superman-Schöpfer Jerry Siegel und Joe Schuster in einem ähnlichen Kündigungsfall gegen den Marvel-Konkurrenten DC Comics, unterlag aber letztlich. Später vertrat er auch Stan Lees langjährigen Kreativpartner bei Marvel, Jack Kirby, im Streit um die Urheberrechte an Helden wie den Fantastischen Vier und Hulk. Der Fall wurde 2014 zunächst mit einem Vergleich beigelegt, als in nächster Instanz der Gang vor den obersten US-Gerichtshof drohte.
Marvel-Anwalt Dan Petrocelli sagte in seiner Erklärung: »Da es sich um Auftragsarbeiten handelt, die Marvel gehören, haben wir diese Klagen eingereicht, um zu bestätigen, dass die Kündigungen ungültig sind und keine rechtliche Wirkung haben.« Nach dem amerikanischen Urheberrechtsgesetz kann ein Künstler jedoch eine Urheberrechtsabtretung nach 35 Jahren beenden, indem er sie mindestens zwei Jahre im Voraus kündigt.
Das gelte, so Marvels Argumentation, allerdings nicht für Werke, die im Auftrag erstellt wurden. In den Klageschriften vom Freitag heißt es, dass Marvel die Künstler mit dem Schreiben und Illustrieren von Geschichten beauftragt habe, dass der Verlag zu jeder Zeit die kreative Kontrolle über sie gehabt habe und dass es die Zeichner und Autoren pro Seite bezahlt habe.
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Nach dem juristisch letztlich unbefriedigenden Ende des Kirby-Prozesses sei Künstler-Anwalt Toberoff gefragt worden, ob er es bedauere, den Schöpfern rechtlich nicht mehr geholfen zu haben, »was ich durchaus tat«. Er habe damals geantwortet, »dass es noch weitere solche Fälle geben würde. Und jetzt sind wir hier«, so Toberoff.
Viele der Comic-Helden und -Heldinnen, um die es in den aktuellen Klagen geht, spielen größere Rollen in der kommenden Phase der Marvel-Kinofilme und -Serien, zum Beispiel Ditkos Spider-Man und der Magier Dr. Strange demnächst zusammen und der Bogenschütze Hawkeye in seiner eigenen Serie auf Disney+.
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