(Motorsport-Total.com) - Eigentlich ging es für Williams nur darum, nicht ein viertes Mal ganz unten in der Tabelle der Formel 1 zu landen. Nun darf die Mannschaft aus Grove sich sogar über einen Podiumsplatz beim Großen Preis von Belgien freuen. Dass das Rennen nicht wirklich stattgefunden hat - geschenkt.
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Williams hat in der Formel-1-Saison 2021 das fast Unmögliche geschafft Zoom
Die Entwicklung ist erstaunlich. Denn noch bei den Testfahrten vor Saisonbeginn hatte es nicht danach ausgesehen, als würde Williams aus eigener Kraft eine zweistellige Punktzahl einfahren können, vom Podium einmal ganz zu schweigen.
Der Williams FW43B erwies sich bei den ersten Testfahrten als aero-empfindliches Fahrzeug, das auf Windeinflüsse allergisch reagierte. Beim Saisonauftakt in Bahrain wurde diese Schwäche gnadenlos offengelegt, als George Russell und Nicholas Latifi schwer zu kämpfen hatten.
Es schien, als sei eine weitere Saison am Ende des Feldes vorgezeichnet. Doch dann kam alles ganz anders. Mit 22 Punkten vor dem Russland-Grand-Prix liegt Williams an achter Stelle der Konstrukteurswertung. Das Highlight überhaupt war natürlich der Podiumsplatz von George Russell in Spa. Wie hat Williams einen solchen Turnaround bewerkstelligt?
Externe Faktoren
Natürlich hat der Einstieg von Dorilton Capital in Kombination mit neuen Schlüsselfiguren, neuen Geldquellen und einer völlig neuen Herangehensweise einen großen Einfluss gehabt, damit das Team neu aufblühen konnte.
Auch die Neuverteilung von Ressourcen innerhalb der Formel 1 hat geholfen. Da Williams sich beim Handicapsystem in der ersten Saisonhälfte ganz unten befand, durfte das Team volle 112,5 Prozent Windkanalzeit nutzen und genoss auch einige Privilegien bei CFD-Simulationen.
Außerdem konnte das Team bis zum Großen Preis von Ungarn keine Punkte einfahren. Am Stichtag 1. Juli lag Williams in der Konstrukteurswertung lediglich vor Haas, wodurch man noch immer 110 Prozent Windkanal- und CFD-Zeit für die komplette zweite Hälfte der Saison 2021 nutzen darf.
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Erst mit den zehn Punkten aus Ungarn rückte Williams auf den achten Platz der Konstrukteurswertung vor. Sollte man diesen Platz halten können, wofür einiges spricht, dürfte man in der ersten Jahreshälfte 2022 nur noch 105 Prozent der CFD- und Windkanalzeit nutzen.
Was noch immer kein großes Problem wäre, weil die Teams weiter vorne stärker "bestraft" werden - der Konstrukteurmeister, der aktuell noch 90 Prozent nutzen darf, bekommt dann nur noch 70 Prozent, während die 100-Prozent-Marke auf von Platz fünf auf P7 "zurückfällt".
Zusätzlich dazu hat Williams einige Änderungen an seinem Windkanal vorgenommen und auch die Herangehensweise für die Entwicklung seines Fahrzeugs komplett geändert.
Kontinuierliche Fortschritte
Aero ist noch immer King in der Formel 1. Die größten Fortschritte hat es bei Williams an der Fahrzeugfront gegeben. Schon beim zweiten Rennen in Imola debütierte eine veränderte Bremsbelüftung.
© Giorgio Piola
Bremsschacht und Bremstrommel am Williams FW43 und am Williams FW43B Zoom
Diese ermöglichte es dem Team, mehr mit der darunter befindlichen Fläche der "Bremstrommel" zu spielen. Das Cluster von Winglets wurde gegen kleinere, paarförmig auftretende Winglets getauscht.
Unterboden
Es hat auch nicht lange gedauert, bis Williams sein Konzept auf den "Z-Unterboden" umgestellt hat, der in der Formel 1 mittlerweile ubiquitär vorhanden ist. Die Lösung stand ebenfalls schon zum zweiten Saisonrennen bereit.
© Motorsport Network
Unterboden-Vergleich am Williams FW43B Zoom
Die aerodynamischen Aufbauten auf dem Unterboden hingegen sind größtenteils gleichgeblieben, beispielsweise die drei Finnen an der Kante.
Die drei "r"-förmigen Flaps und das geschwungene Winglet vor dem Hinterreifen (rot markiert) sind hingegen ausgetauscht worden. Stattdessen gibt es seit dem großen Update beim Frankreich-Grand-Prix eine Aneinanderreihung von Flaps (grün markiert).
Radhaus hinten
Ein weitere Änderung kam beim Portugal-Grand-Prix in Spiel, als das Team seine Lösung aus der Saison 2020 gegen etwas Ähnliches wie Ferrari tauschte.
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Unterboden-Kanten am Williams FW43B Zoom
Der FW43B begann die Saison mit mehreren Finnen, die dem Diffusor entwuchsen. Diese wurden durch eine Reihe vertikaler Finnen ersetzt, die besser mit der unteren Reihe von Winglets an der Bremsbelüftung interagieren, die bekanntermaßen in der Formel-1-Saison 2021 kürzer ausfallen müssen.
Bargeboards
Bei jenem angesprochenen großen Frankreich-Update hat Williams auch versucht, der Anfälligkeit seines Boliden für Windböen zu begegnen. Die Anzahl der vorgelagerten Finnen wurde erhöht (die grün Markierte war schon vorhanden, die rot Markierte ist neu hinzugekommen).
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Neu (links) und alt (rechts): Windabweiser am Williams FW43B Zoom
Außerdem hat man sich in Grove eine Lösung von McLaren abgeschaut. So wurden zwei gekrümmte Flügel unterhalb des Bumerang-Flügels angebracht (gelb). Das so erstellte System lenkt den Luftstrom bei allen Bedingungen in geordnete Bahnen.
An der Oberseite folgte man einem Trend in der Formel 1. Die Oberfläche wird in mehrere einzelne Elemente aufgespalten, die eine Art Federkleid bilden (blau).
Diffusor
Das Update beinhaltete auch eine überarbeitete Version des Diffusors. Die Länge der äußersten Diffusorstrebe wurde verkleinert.
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Kleine Finnen am Diffusor des Williams FW43B Zoom
Auch diese Lösung wurde von mehreren Teams im Laufe der Saison verwendet. Das spricht dafür, dass die neuen Regularien den Luftstrom in dieser Region stark verändert haben, worauf sich die Teams einstellen mussten.
Monza-Konfiguration
Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte das Williams-Team auch ein eigens für Monza angefertigtes Aeropaket dabei. In den vergangenen Jahren wurde einfach ein Heckflügel verwendet, der auch auf anderen schnellen Kursen zum Einsatz gekommen wäre, und nahm den aerodynamischen Nachteil hin.
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Flügel-Vergleich Monza (links) vs. konventionell (rechts) am Williams FW43B Zoom
In diesem Jahr hingegen trat es mit einem Ultra-Low-Downforce-Flügel an. Als Ausgleich wurde das oberste Element des Frontflügels beschnitten (roter Pfeil), um die aerodynamische Balance wiederherzustellen. Das eigens für Monza entwickelte Paket brachte Williams erneut zwei Punkte durch Russell ein.
Perspektiven für 2022 und darüber hinaus
Die Formel-1-Saison 2022 wird aufgrund der Tragweite der Regeländerungen für die Teams eine Reihe interessanter Chancen ermöglichen.
Mit Einführung der Kostengrenze und des weiter oben thematisierten Ressourcen-Handicapsystems schon in diesem Jahr wird es interessant zu sehen, ob Williams den Abstand zu den vorderen Teams weiter wird reduzieren können.
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