Der ursprünglich für die große Leinwand bestimmte Sci-Fi-Action-Blockbuster, den Amazon für seinen Prime Video Service für kolportierte 200 Millionen Dollar aus den Kinos weggekauft hat, bietet im Kern eine ziemlich geniale, potenziell vielschichtige Prämisse – aber das fertige Skript von Zach Dean („24 Hours To Live“) ist eine mittelschwere Katastrophe. Die brachiale Action-Inszenierung von Chris McKay („The LEGO Batman Movie“), das sehr gelungene Kreaturen-Design sowie der natürliche Charme von Chris Pratt sorgen trotz Logiklöchern der Größe Grönlands dennoch für knapp zweieinhalb Stunden solide Streaming-Ablenkung.
Während des Endspiels der Fußball-WM 2022 in Katar taucht plötzlich eine lilafarbene Wolke über dem Spielfeld auf. Aus dieser heraus tritt eine Gruppe schwerbewaffneter Soldat*innen. Anführerin (Jasmine Mathews) eröffnet den Milliarden Zuschauern vor den Fernsehgeräten, dass sie aus einer Zukunft stammt, in der die Menschheit kurz davorsteht, den Kampf gegen eine Horde von Alien-Monstern namens White Spikes endgültig zu verlieren. Deshalb sollen die Menschen aus dem Jahr 2022 in die Zukunft „springen“ und dort ihren inzwischen erwachsenen Kindern und Enkeln im Kampf gegen die außerirdischen Invasoren zur Seite stehen.
Auch der Irak-Veteran und Highschool-Biolehrer Dan Forester (Chris Pratt) wird für einen siebentägigen Einsatz im Jahr 2051 gedraftet. Seine Frau Emmy (Betty Gilpin) möchte, dass sich Dan an seinen verhassten Vater (J.K. Simmons), einen genialen Ingenieur und überzeugten Verschwörungstheoretiker, wendet, um aus der Nummer doch noch rauszukommen – immerhin weiß sie als Psychologin, die die oft schwerversehrten Heimkehrer therapiert, sehr genau, dass maximal 20 Prozent der Zeitreise-Soldaten den Einsatz überleben. Aber Dan kann sich einfach nicht überwinden – und stellt nach einem ersten Aufeinandertreffen mit den White Spikes fest, dass es offenbar einen sehr speziellen Grund dafür gibt, warum gerade er für diese Mission ausgewählt wurde…
Bloß nicht nach dem "Warum" fragen!
Die zufällig ausgewählten Zwangs-Rekruten bekommen kein Videomaterial der Alien-Kreaturen gezeigt, um sie nicht vor ihrem Einsatz schon zu sehr einzuschüchtern. Aber warum verrät man ihnen nicht mal, dass ihre Alien-Gegner nur an zwei Stellen verwundbar sind, obwohl das schon längst bekannt ist? Direkt nach ihrer unplanmäßigen Landung in einem Hoteldachpool bleiben Dan und seinen Amateur-Mitstreitern vor einem alles vernichtenden Luftschlag nur wenige Minuten, um Proben aus einem Forschungslabor zu sichern, die die letzte Chance der Menschheit sein könnten. Aber warum funkt die Jets nicht einfach jemand an und sagt ihnen, dass sie Miami doch bitte erst eine halbe Stunde später ins Mittelalter zurückbomben sollen? Und warum dreht sich ein Großteil des Films um die Entwicklung eines Giftstoffes, wenn Chris Pratt dann den finalen Alien-Boss ohnehin in einer Art Boxkampf inklusive Schneemobil-Uppercut ausknockt?
Vieles ergibt hier keinen Sinn – und die eigentlich spannenden Fragen werden einfach übersprungen: So gibt es nach dem WM-Final-Zwischenfall einen Zeitsprung, nach dem alle Nationen der Welt ganz selbstverständlich zusammenarbeiten, um den Menschen in der Zukunft zu helfen. Aus heutiger Sicht natürlich absolut unvorstellbar – und weil Autor Chris McKay offenbar keine Idee hatte, wie das funktionieren soll, wird es halt weggelassen. „The Tomorrow War“ ist in seiner Anlage auch ein ethisches Gedankenexperiment über Opfer in der Gegenwart für das Wohl der Zukunft – und damit quasi eine Eins-zu-Eins-Metapher für den Kampf gegen den Klimawandel (der dann im finalen Drittel tatsächlich noch eine zentrale Rolle spielt). Aber das bleibt alles auf einem so oberflächlichen Niveau, dass man es auch hätte rauslassen können. Zumal eine kürzere Laufzeit „The Tomorrow War“, der dramaturgisch mitunter wirkt, als hätte jemand einfach drei einzelne Filme aneinander gepfropft, ohnehin gutgetan hätte.
Aber das heißt nicht, dass man mit „The Tomorrow War“ auf einem Hirn-aus-Level nicht über weite Strecken doch seinen Spaß haben kann – zumal wenn man ihn auf Amazon Prime Video eben einfach so wegschaut: Chris Pratt trägt den Film wie zuvor schon „Guardians Of The Galaxy“ und „Jurassic World“ mit seinem supersympathischen Buddy-Charisma quasi im Alleingang. Nur wenn es zur zweiten zentralen Ebene des Films kommt, einer Familien-Zusammenführung nach typischem Steven-Spielberg-Muster, stößt der Superstar – im Gegensatz zu seinen talentierteren Co-Stars J.K. Simmons („Whiplash“) und Betty Gilpin („The Hunt“) – doch immer wieder an seine schauspielerischen Grenzen. Das zündet emotional längst nicht so, wie es wohl eigentlich geplant war.
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Die hochtourigen Action-Szenen krachen dafür richtig – und das liegt vor allem an den wirklich richtig schön fies designten Kreaturen, die selbst dann noch furchteinflößend-intensiv wirken, wenn der nervös-dauerbrabbelnde Sidekick Charlie (Sam Richardson) mal wieder unpassenden Humor in die sonst so intensiven und teilweise auch erstaunlich heftigen Monsterhorden-Shootouts hineinbringt. Die eigentlich vielversprechende Zukunftswelt bleibt in „The Tomorrow War“ sträflich unterentwickelt – aber die Schlachten rocken. Wenn es im von Chris McKay bereits angedachten „The Tomorrow War 2“ dann also womöglich auf den Heimatplaneten der Aliens geht und wir womöglich eine reine Kreaturen-Schlachtplatte wie in der zweiten Hälfte von „Starship Troopers“ bekommen – da wären wir auf jeden Fall sofort wieder dabei…
Fazit: Es ist ja nichts gegen hochbudgetierten Sci-Fi-Schmarrn einzuwenden, wenn er wie hier über weite Strecken zumindest ordentlich unterhält. Aber im Fall von „The Tomorrow War“ ist es trotzdem schade – denn aus der starken Prämisse hätte man mit Leichtigkeit noch soooo viel mehr rausholen können.
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