Die Szene des Spiels: Wer sich der Kräfteverhältnisse zwischen dem FC Bayern München und dem Al Ahly Sports Club aus Kairo vor Augen führen wollte, der brauchte dafür eigentlich nur einen Blick auf die 17. Spielminute zu werfen. Nicht nur, dass der Führungstreffer der Münchener fiel. Vor allem hatten sich die Bayern zum Zeitpunkt des Torjubels so tief wie nur irgend möglich in des Gegners Hälfte festgesetzt: Kingsley Coman stand rechts am Fünfmeterraum, Serge Gnabry links, Thomas Müller mittendrin. Zentral davor schoss Robert Lewandowski den Ball ins Netz, hinter ihm am Elfmeterpunkt stand Joshua Kimmich völlig frei. Mehr Powerplay geht kaum.
Das Ergebnis: Wo sich ein Bayernspiel mit Begriffen wie »uninspirierte Dominanz« beschreiben lässt, ist ein 2:0 (1:0) oft das folgerichtige Ergebnis. Gegen den Gewinner der afrikanischen Champions League war die Mannschaft von Hansi Flick zu überlegen, um sich wirklich anstrengen zu müssen. Hier geht es zum Spielbericht.
Es gibt kein Bier in Ar-Rayyan: Das Ahmed bin Ali Stadium im katarischen Ar-Rayyan war Austragungsort der Partie. Die Übertragungsrechte in Deutschland lagen bei »Bild Live«, berichtet wurde teils direkt aus dem Stadion, das auch zu den Spielstätten der WM 2022 gehört. Zwei zentrale Erkenntnisse der Erstbegehung vor Anpfiff: Getränke ließen sich erwerben, es blieb jedoch bei Softdrinks, Kaffee und Wasser. Eine Stadionwurst wurde nirgends angeboten. Wohl dem also, der pandemiebedingt auf die Auswärtsfahrt verzichtet hatte.
Die erste Halbzeit: Im Grunde hätte auch ein halb so großer Rasenplatz ausgereicht, das Spiel fand fast ausschließlich in der Hälfte des Al Ahly SC statt. Die Bayern machten Druck, versuchten, Torhüter Mohamed El Shenawy mit tückischen Flanken an den langen Pfosten zu foppen, nahmen auch mit dem Ball am Fuß immer wieder Tempo auf. Besonders der formstarke Kingsley Coman tat sich hervor. Das Tor machte mit Lewandowski aber natürlich derjenige, der es sowieso immer macht. Die wenigen Konter der Ägypter versandeten in der Regel noch weit vor Manuel Neuers Tor.
Alle wollen Musiala: Im Laufe der Partie kam Offensivtalent Jamal Musiala zu einem Kurzeinsatz, Thema war der 17 Jahre alte Deutsch-Engländer aber bereits in der Halbzeitpause. DFB-Teammanager Oliver Bierhoff erzählte, er habe ein sehr gutes Gespräch mit dem »Ausnahmespieler« Musiala geführt, der sich noch für keine A-Nationalmannschaft festgelegt hat. Es klang, als könne bald die erste Nominierung von Bundestrainer Joachim Löw folgen. In jedem Fall solle Musiala »aus dem Herzen heraus« entscheiden, so Bierhoff.
Die zweite Halbzeit: Angefeuert von Tausenden ägyptischen Fans auf den Rängen, die sich um das Wohlergehen ihrer Mannschaft (vorbildlich), dafür nur manchmal um das Einhalten von Abstandsgeboten kümmerten (weniger vorbildlich), hielt Al Ahly dagegen. So verging auch den Bayern die Spielfreude, jenseits einer Chance von Müller aus spitzem Winkel (58.) ging lange wenig. Bezeichnend für den Spannungsabfall war ein kurz ausgeführter Freistoß, keine zehn Minuten vor der Entscheidung durch Lewandowski: Leroy Sané wollte den Ball zu Kimmich tippen, Gegenspieler Mohamed Hany ging dazwischen. Die Momente des Sekundenschlafs rächten sich jedoch nicht.
Alle ausgeschlafen?: Das Stichwort Schlaf war ohnehin ein Thema, hatte die Mannschaft des FC Bayern jüngst doch glatt im Flugzeug übernachten müssen. Mittlerweile sei der Ärger über die verspätete Anreise jedoch »verraucht«, erklärte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge beschwichtigend. Ein bisschen schläfrig wirkten die Bayern gegen Spielende dann doch, das anfängliche Powerplay schien dem neudeutschen Powernap gewichen. In anderen Worten: Die gemächlich austrudelnde Partie hatte etwas von einem erholsamen Nickerchen.
Romantik adé: Am Wochenende ist Valentinstag. Und der Profifußball täte gut daran, auf die Schnelle einen besonders großen Blumenstrauß für die Fans der Sportart zu organisieren: Wo Klubs in ein Land mit problematischer Menschenrechtslage fliegen, um während einer Pandemie vor halb gefüllten Zuschauerrängen in einem sportlich ungleichen Wettbewerb um Millionen zu spielen, kann die Distanz zu fußballromantischen Wunschvorstellungen kaum größer sein.
Showdown gegen die Tiger: Zwischen dem FC Bayern und dem sechsten Titel in einer Saison steht nun nur noch der mexikanische Klub Tigres aus der Nähe von Monterrey. Der konnte das Champions-League-Äquivalent des nord- und mittelamerikanischen Concacaf-Verbandes ebenso gewinnen wie sein Halbfinale gegen Südamerikas Champion Palmeiras (1:0). Nicht zur Verfügung stehen werden den Bayern im Endspiel am Donnerstag (Anstoß: 19 Uhr, Stream: Bild Live, Liveticker: SPIEGEL.de) erneut Leon Goretzka und Javi Martinez: Das Mittelfeld-Duo fehlt nach positiven Corona-Tests weiterhin und wird nicht nachreisen.
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