Ein Sprint, eine Körpertäuschung – ein fulminanter, platzierter Abschluss. Das Tor von Jadon Sancho erinnerte an alte Zeiten, als das Ausnahmetalent solche Aktionen noch regelmäßig im Repertoire hatte.
Doch vielleicht, dies ist die Hoffnung bei Borussia Dortmund, war der Treffer des englischen Offensivspielers am Sonntag in der Nachspielzeit gegen den VfL Wolfsburg ja ein Indiz, dass der Zauber, den Sancho in den vergangenen Jahren versprüht hatte, nun auch wieder fester Bestandteil der BVB-Spiele sein wird.
Für Sancho, 20, könnte dieses 2:0 (0:0) am Sonntag der Startschuss in die Saison gewesen sein. Denn in den vergangenen Monaten hatte der Shootingstar der vergangenen beiden Spielzeiten oft wie ein Fremdkörper im schwarz-gelben Gebilde gewirkt: Bei seinen gefürchteten Tempodribblings blieb er hängen, bei Torabschlüssen oft harmlos.
Bei 24 Versuchen traf er in der Bundesliga kein einziges Mal. Gegen Wolfsburg blitzte seine frühere Gefährlichkeit nun wieder auf: Das 1:0 durch Manuel Akanji leitete er mit einer Ecke ein, dann machte er selbst den Deckel drauf.
Sancho widmet Tor der Mannschaft
„Für die Mannschaft, dankbar!“, schrieb er anschließend und postete dazu Fotos auf seinen sozialen Kanälen: eines, auf dem zu sehen ist, wie er alleine jubelt – zwei, auf denen er sich gemeinsam mit seinen Kollegen freut. Die wiederum dürften mindestens ebenso erleichtert gewesen sein wie er selbst – denn jedem beim BVB ist bewusst, dass zumindest ein Teil der Probleme, die die Dortmunder in der laufenden Saison hatten, mit der Formkrise von Sancho zu tun hatten.
Irgendwann nach dem Ende der vergangenen Saison, in der er alleine in der Bundesliga 17 Tore erzielt und 17 Treffer vorbereitet hatte, war er vom Kurs abgekommen. Die Unbekümmertheit, die ihn umgab, war plötzlich weg. Sancho spürte dies, litt darunter – und versuchte, dagegen anzukämpfen. Es war nicht so, dass er seine Krise gleichmütig akzeptierte.
Tatsächlich gelangen ihm immer noch neun Torvorlagen in 19 Pflichtspielen und vier Tore in Champions League und im DFB-Pokal. Doch bis Wolfsburg schaffte er es nicht, sich in der Liga selbst zu belohnen – und drohte daran zu verzweifeln. Irgendetwas stimmte nicht.
Watzke sieht Wechselgerüchte als Ursache
Die Ursache, glaubt zumindest BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, habe wohl etwas damit zu tun gehabt, dass sich Sancho innerlich schon aus Dortmund verabschiedet hatte – zu Manchester United. Der englische Rekordmeister wollte Sancho im Sommer liebend gern verpflichten, scheiterte jedoch mit seinem Vorstoß.
Dabei lagen die Vereine vom Gesamtvolumen der Summen, über die gesprochen wurden, gar nicht so weit auseinander. Zur Abschreckung hatten die Borussen 120 Millionen Euro als Ablöse in den Raum gestellt. Manchester soll bereit gewesen sein, bis an die 100 Millionen zu zahlen – allerdings gestreckt über einen langen Zeitraum. „Wenn du dann noch irgendwann signalisiert bekommst, dass von der gebotenen Summe ein großer Teil erst in einigen Jahren gezahlt werden soll, wird es endgültig eine reine Theorie-Diskussion“, sagte Watzke dem „Kicker“.
Also schlossen die Dortmunder das Thema ab. Sancho musste bleiben. Damit hatte er nicht gerechnet. „Jadon hatte sich unterbewusst womöglich schon ein wenig auf einen Wechsel eingestellt. Ich glaube, darüber hat er sich zumindest so viele Gedanken gemacht, dass er seine Leichtigkeit verloren hat“, erklärte Watzke: „Der größte Unterschied ist: Früher hat er nicht über seine nächste Ballaktion nachgedacht. Jetzt überlegt er. Und die Zehntelsekunde, die ihm dadurch fehlt, ist häufig genau die, in der ihm der Gegenspieler dann auf den Füßen steht.“
Terzic sucht Gespräch
Es war nicht leicht, Sancho auf seinem Weg zurück zu alter Frische und Stärke zu unterstützen. Trainer Lucien Favre jedenfalls gelang es nicht. Edin Terzic, sein Nachfolger, suchte häufiger das Gespräch mit ihm, versuchte, Sancho starkzureden. Auch Lizenzspielerleiter Sebastian Kehl sprach viel mit Sancho, riet ihm, sich selbst nicht so sehr unter Druck zu setzen.
Es sieht danach aus, als ob es Sancho nach der kurzen Weihnachtspause wieder besser gelingt, zu sich selbst zurückzufinden. Im Hinblick auf die Saisonziele des BVB wäre es wichtig, dass Sancho in den kommenden Wochen mit den Spielen in Leipzig, Leverkusen und Mönchengladbach die Kurve kriegt. Seine Krise hat den Dortmundern schon zu viele Punkte gekostet.
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